Jan. 13, 2022

Launch-Strategien für Ihre digitalen Produkte

Nach welchen Gesetzen spielen digitale Märkte? Welche Markteinstiegsstrategien sind für Ihre Produkte geeignet? Bei der Lancierung von digitalen Produkten gibt es Besonderheiten bzw. Strategien, welche zwar nicht nur auf digitale Güter zutreffen, hier jedoch besonders stark ausgeprägt sind. Welche Rolle spielt der Zeitfaktor? Und sind kostenlose digitale Services wirklich gratis? Lassen Sie uns eintauchen in die Welt der digitalen Produkte. Zuerst schauen wir uns dabei verschiedene Product Launch-Strategien an:

Launch-Strategie: Stealth vs Lean

Beim Stealth-Ansatz fokussiert man alle Ressourcen auf die Entwicklung der Funktionalitäten und stellt die Vermarktung und den Support bewusst in den Hintergrund oder verhindert den Gebrauch ausserhalb der Testcenter ganz, bis man ein ausgereiftes Produkt entwickelt hat. Ein Beispiel: Von neuen Apple-Produkten erfährt man (fast) nichts, bis das Produkt auf dem Markt verfügbar ist.


Beim Lean-Ansatz bringen die Hersteller das kleinstmögliche Produkt auf den Markt (Beta-Version) und schieben Verbesserungen später nach. Allfällige Benutzer während dieser Phase nehmen in Kauf, dass es sich hier noch um ein instabiles Produkt in Entwicklung handelt, inkl. der damit verbundenen Einschränkungen.

Launch-Strategie: Early Mover (Lean)

Eine besonders gute Ausgangslage hat man als Anbieter, wenn wenn es erst wenig oder noch keine Konkurrenz gibt und man als Early Mover vor allen anderen Mitbewerbern am Start ist. Beispiele sind da Tesla, Facebook, Twitter, etc.. Den Vorsprung, den diese Plattformen hatten, konnte kein Mitbewerber jemals aufholen. Sobald man einen solchen Vorsprung hat, spielt das Gebot “The winner takes it all” (sh. unten). Bei E-Bikes war in der Schweiz die Marke Flyer beim Markteintritt sehr dominant - so dominant, dass der Markenname zeitweilig zum Gattungsbegriff wurde. Was für ein starker Product Launch!

Ein solches Produkt startet meist mit einem minimal nötigen Funktionsumfang und wird nach und nach ausgebaut. Dabei ist jedoch die Geschwindigkeit der Erweiterungen kritisch, damit man nicht von einem Konkurrenten überholt wird.


Allerdings kann es im Gegenteil auch ratsam sein, andere den ersten Schritt machen zu lassen. Wenn das Bedürfnis geweckt ist, resp. der Markt vorhanden ist, kann man mit einem deutlich besseren Produkt oder Service das Feld von hinten aufrollen. Prominente Beispiele hierfür sind Apple mit den iPod, iPhone, iPad, der Apple Watch oder den AirPods: solche Produkte gab es schon längst. Mit einem konsequenten Fokus auf die User Experience (UI) hatte Apple überwältigenden Erfolg.

Launch-Strategie: The winner takes it all

Diese Strategie basiert auf der Annahme, dass man Umsatz und Profit am besten optimieren kann, wenn man der alleinige Platzhirsch mit einem Produkt oder Service ist. Wenn es keine Konkurrenz gibt, kann man den Preis nach eigenen Ermessen und ohne Konkurrenzdruck bestimmen. Für Konkurrenten ist die Eintrittshürde relativ hoch, weil es ziemlich viel Aufwand braucht, um mit einem neuen Produkt einen existierenden Markt mit einem starken Konkurrenten zu erobern.

Um das Ziel der Marktführerschaft zu erreichen, nehmen solche Unternehmen auch hohe Verluste in der Anfangszeit in Kauf. In dieser Phase zählt einzig Wachstum. Profit spielt eine untergeordnete Rolle. Die benötigten enormen Mittel kommen von Investoren, welche auf den Erfolg dieser Strategie wetten. Beispiele hierfür sind Spotify oder auch Amazon.

Eine alternative Strategie solcher Unternehmen kann auch ein gewinnbringender Verkauf nach einer solchen Start-Phase an einen etablierten Big Player sein. Beispiele hierfür sind Skype, LinkedIn oder Instagram.

Launch-Strategie: Capture the island

Eine Mischung aus “Stealth” und “Winner takes it all” stellt die Strategie “Capture the island” dar. Dabei versucht man nicht einen gesamten Markt zu erobern, sondern zuerst einmal einen genau definierten Teilmarkt komplett zu besetzen. Hat man diesen Teilmarkt besetzt und ein funktionierendes Businessmodell etabliert, setzt man zur Eroberung der nächsten, benachbarten “Insel” an. Dabei spielen dann auch Netzwerkeffekte (sh. nachfolgender Abschnitt) eine tragende Rolle. Bestes Beispiel hierfür ist Tesla. Der US-Autobauer hatte zuerst den relativ kleinen Markt der Elektro-Sportwagen/Roadster erobert, danach im mengenmässig ebenfalls noch relativ kleinen Markt der Limousinen Fuss gefasst und ist erst zuletzt mit Massenprodukten wie einem SUV oder einem “Hatchback” in diese Märkte eingetreten. Die Erfahrungen und aufgebauten Strukturen und Partnerschaften sind dabei im jeweils nächsten Teilmarkt hilfreich und wertvoll.

Netzwerkeffekt

Da bei digitalen Gütern jederzeit relativ problemlos Funktionalitäten nachgeliefert werden können, profitiert ein neues Produkt von einer Kooperation mit einer bereits etablierten Software. Beispielsweise kann Spotify durch eine entsprechende App auf SmartTVs auf einen Schlag sehr viele neue potenzielle Kunden erreichen.

Time to market

Mit einem digitalen Produkt lässt sich viel rascher und mit viel weniger Risiko am Markt auftreten als mit einem physischen Produkt. Ein physisches Produkt muss einen gesamten Produktionsprozess durchlaufen, bedingt eine physische Distributionskette, d.h. eine Auslieferung an ein Ladennetz inkl. entsprechender Verzollung, Lagerhaltung, etc.). Bei einem digitalen Produkt entfällt diese aufwändige Logistik.

Auch für die Herstellung einer gedruckten Zeitschrift benötigt man im Gegensatz zu einem Online-Magazin viel mehr Zeit. Es braucht die Vorlaufzeit für den Druck und die physische Verteilung. Inhaltliche Fehler können nach Redaktionsschluss nicht mehr korrigiert werden und die Mengendisposition kann sich schwierig gestalten. Bei digitalen Medien können jederzeit Informationen geändert werden - selbst kurz vor einem Anlass oder dem Launch eines Produktes.

Kostenlose Produkte bzw. die digitale Währung

Ein letzter wichtiger Punkt bei digitalen Produkten ist das versteckte Bezahlen mittels Informationen. Während man bei physischen Gütern einen relativ transparenten Handel Geld-gegen-Ware tätigt, sind inzwischen viele digitale Produkte vordergründig kostenlos. Die eigentliche Währung bei diesen Geschäften sind die Informationen, die der Nutzer von sich preisgibt. Diese werden vom Unternehmen gewinnbringend mittels gezielter Werbung bzw. durch den Handel mit mehr oder weniger anonymisierten Informationen genutzt. Die Beispiele kennen Sie bestimmt: Facebook, Google, etc.


Lesen Sie mehr darüber, wie digitale Features physischen Produkten zu Mehrwert verhelfen - hier.


Jakob Boss, User Experience Designer, YOO AG

Haben Sie konkrete Fragen bezüglich digitalen Produkten oder wie Sie den Wert Ihres physischen Produktes mit digitalen Zusatzfunktionen steigern können?


Jakob Boss berät Sie gerne. Er freut sich auf Ihre Kontaktaufnahme: jakob.boss@yoo.digital


Titelbild: Pexels

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